Als Krebsgang wird die Fortbewegungsart von Krabben, einer Unterart der Krebse, bezeichnet. Das Besondere daran ist, dass Krabben niemals vorwärts, sondern immer seitlich gehen.
- "Krebsgang"

2.Inhalt
Die Novelle "Im Krebsgang" von Günter Grass erschien im Jahr 2002 und erzählt die Geschichte von Paul Pokriefke und seiner Familie, die sich über insgesamt ein Jahrhundert erstreckt. Thematisch geht es um den Untergang des deutschen Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff" im Januar 1945 vor der pommerschen Küste, bei dem geschätzt 9000 Menschen ums Leben kamen.
Der Journalist Paul Pokriefke berichtet vom Untergang des Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff". Dabei stellt er fest, dass sein Leben mit dem Unglück in Verbindung steht. Die Geschichte beginnt mit den Biografien dreier Männer, von denen einer der Nationalsozialist Wilhelm Gustloff ist, der 1936 von einem jüdischen Studenten erschossen wird. Daraufhin wird ein Passagierschiff nach ihm benannt.
Paul Pokriefke bekommt den Auftrag, über den Untergang der "Wilhelm Gustloff" zu schreiben. Bei seinen Recherchen stößt er auf eine Webseite mit rechtsradikalen Inhalten und stellt fest, dass der Betreiber der Seite sein Sohn Konny ist. Der bringt später einen anderen Jugendlichen um, als dieser auf das Grab von Wilhelm Gustloff spukt. Konny muss ins Gefängnis und zeigt sich auch dort weiter besessen von der Geschichte Wilhelm Gustloffs. Im Internet wird Konny als Vorbild gepriesen.
3.Charakterisierung
Paul Pokriefke
- Erzähler, circa 50 Jahre alt
- ist Journalist
- verfasst als Ghostwriter für seinen Dozenten die Geschichte des Untergangs der "Wilhelm Gustloff"
- wurde in der Nacht des Untergangs vom 30. auf den 31. Januar 1945 geboren
- seine Mutter Tulla war Passagierin auf dem Fluchtschiff
- ist politisch neutral und angepasst
- hat nur wenig Kontakt zu seinem Sohn und seiner Mutter
Konrad (Konny)
- Pauls Sohn, 17 Jahre alt
- wächst bei seiner Mutter auf und sieht seinen Vater selten
- ist ein Gegner von Klassenunterschieden
- vertritt rassistische Ansichten und mischt diese mit seiner Vorstellung von sozialer Gleichheit
- betrachtet Wilhelm Gustloff als sein Vorbild
- betreibt die rechtsradikale Internetseite "Blutzeuge"
- erschießt seinen Chat-Kontrahenten "David", als dieser auf das Grabmal Gustloffs spuckt
Tulla (Grossmutter)
- Pauls Mutter, 70 Jahre alt
- flieht 1945 auf dem Schiff "Wilhelm Gustloff" aus Ostpreußen
- bringt auf einem Rettungsboot ihren Sohn Paul zur Welt
- lebt nach ihrer Flucht in Schwerin
- ist weltfremd und politisch ahnungslos
- erzählt immer wieder die gleichen alten Geschichten, vor allem die vom Untergang der "Wilhelm Gustloff"
- gibt ihrem Enkel Konny eine Waffe, damit dieser sich selbst verteidigen kann
Der Alte (trägt autobiographische Züge des Autors Grass)
- ehemaliger Dozent von Paul, circa 70 Jahre alt
- ist der Auftraggeber, für den Paul als Ghostwriter arbeitet
- sieht es als sein Versagen, die Geschichte vom Leiden der deutschen Flüchtlinge nicht aufgeschrieben zu haben
- hat genaue Vorstellungen davon, wie Paul recherchieren und schreiben soll
- kannte Tulla als Kind und Jugendliche, will wissen, was aus ihr geworden ist
- ist überheblich und wertend
Wolfgang Stremplin
- ist ein Chatter namens "David" und 18 Jahre alt
- stammt aus einer gebildeten deutschen Familie mit christlicher Tradition
- interessiert sich für die Geschichte von David Frankfurter, der Wilhelm Gustloff 1936 erschoss
- gibt sich in Internetportalen als Jude aus
- argumentiert gegen die rechtsextremistischen Kommentare anderer und diskutiert oft mit Konny
- trifft sich mit Konny in Schwerin
- wird von Konny erschossen, nachdem er auf ein Grabmal Gustloffs spukte
Sprache
Günter Grass verwendet in "Im Krebsgang" eine direkte, gut verständliche Sprache. Die Länge der Sätze variiert stark und reicht von kurzen Hauptsätzen bis hin zu verschachtelten, über mehrere Zeilen reichende. Die längeren Sätze enthalten oft Aufzählungen und viele Attribute.
Grass verwendet bei der Figur Tulla den Danziger Dialekt, der phonetisch, also lautschriftlich, wiedergegeben wird.
Auch Fachbegriffe werden verwendet, die beispielsweise aus der Schifffahrt kommen.
Eines der Stilmittel, die Günter Grass in der Novelle "Im Krebsgang" verwendet, ist die Metapher. Dabei wird ein Ausdruck in einen anderen Bedeutungszusammenhang gebracht, so wie es im vorherigen Beispiel sichtbar war.
Ein weiteres Stilmittel, das der Autor häufig verwendet, ist die Ellipse. Bei Ellipsen handelt es sich um unvollständige Sätze. Dabei werden einzelne Wörter oder Satzteile weggelassen.
Titel
Auch der Titel "Im Krebsgang" bietet verschiedene Interpretationsmöglichkeiten.
Erzählweise - Grass erzählt nicht chronologisch, sondern nähert sich der Geschichte von der Seite an – also im "Krebsgang", um sie so Stück für Stück aufzubauen. Der Erzähler bewegt sich an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten und macht teilweise auch darauf aufmerksam, dass er bspw. zu einem Ereignis zurückkehrt, von dem bereits gesprochen wurde.
Das Wort "Krebsgang" steht aber auch sinnbildlich für "Rückschritt". Damit wird also ausgedrückt, dass sich etwas zurückbewegt.
Oft werden damit gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Situationen, die sich rückschrittlich entwickeln, bezeichnet. Das könnte ein Hinweis auf die thematisierte Problematik des Rechtsextremismus sein.
Zusammenfassung
- Die Novelle "Im Krebsgang" von Günter Grass erschien im Jahr 2002 und erzählt die Geschichte von Paul Pokriefke und seiner Familie, die sich über insgesamt ein Jahrhundert erstreckt. Thematisch geht es um den Untergang des deutschen Flüchtlingsschiffs "Wilhelm Gustloff" im Januar 1945 vor der pommerschen Küste, bei dem geschätzt 9000 Menschen ums Leben kamen.
- In "Im Krebsgang" stehen die Mitglieder der Familie Pokriefke im Zentrum der Handlung.
- "Im Krebsgang" ist in neun Kapitel von ungefähr gleicher Länge unterteilt. Jedes Kapitel umfasst mehrere Absätze, die in unterschiedlichen Zeiten spielen. Die Novelle wird vom Ich-Erzähler Paul Pokriefke wiedergegeben.
- Günter Grass verwendet in "Im Krebsgang" eine direkte, gut verständliche Sprache. Er verwendet aber auch den Danziger Dialekt, einige Fachbegriffe, Umgangssprache sowie rhetorische Stilmittel, wie die Metapher und die Ellipse.
- In "Im Krebsgang" bieten u.a. die Schuldfrage und das Thema Rechtsextremismus im Internet Interpretationsansätze.
- Günter Wilhelm Grass wurde 1927 im polnischen Danziggeboren und verstarb 2015 in Lübeck.